Evangelisch-lutherische

Kirchengemeinde 

St. Clemens-Romanus

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Gründonnerstag, 14.4.2022

Bibeltext der Woche: Matthäus 26, 17-30

Es war der erste Tag vom Fest der ungesäuerten Brote.

Da kamen die Jünger zu Jesus und fragten: »Wo sollen wir das Passamahl für dich vorbereiten?« Jesus antwortete: »Geht in die Stadt zu einem Mann, den ich euch nenne. Richtet ihm aus: ›Der Lehrer lässt dir sagen: Die Zeit, die Gott für mich bestimmt hat, ist da. Ich will bei dir das Passamahl feiern –zusammen mit meinen Jüngern.‹«

Die Jünger machten alles so, wie Jesus es ihnen aufgetragen hatte.

Und sie bereiteten das Passamahl vor.

Als es Abend geworden war, ließ sich Jesus mit den zwölf Jüngern zum Essen nieder.

Während sie aßen, sagte er zu ihnen: »Amen, das sage ich euch: Einer von euch wird mich verraten.«

Die Jünger waren tief betroffen. Jeder Einzelne von ihnen fragte Jesus: »Doch nicht etwa ich, Herr?«

Jesus antwortete: »Der sein Brot mit mir in die Schale taucht, der wird mich verraten. Der Menschensohn muss sterben. So ist es in der Heiligen Schrift angekündigt. Aber wehe dem Menschen, der den Menschensohn verrät. Er wäre besser nie geboren worden!«

Da sagte Judas, der ihn verraten wollte, zu Jesus: »Doch nicht etwa ich, Rabbi?«

Jesus antwortete: »Du sagst es!«

Beim Essen nahm Jesus ein Brot.
Er lobte Gott und dankte ihm dafür. Dann brach er das Brot in Stücke und gab es seinen Jüngern. Er sagte: »Nehmt und esst! Das ist mein Leib.«
Dann nahm er den Becher.

Er dankte Gott, gab ihn seinen Jüngern und sagte: »Trinkt alle daraus! Das ist mein Blut. Es steht für den Bund, den Gott mit den Menschen schließt. Mein Blut wird für die vielen vergossen werden zur Vergebung ihrer Sünden. Das sage ich euch: Ich werde von jetzt ab keinen Wein mehr trinken – bis zu dem Tag, an dem ich mit euch von Neuem davon trinken werde. Das wird geschehen, wenn mein Vater sein Reich vollendet hat.«

 

Lied der Woche: 225, 1-3 Komm, sag es allen weiter

Refrain: Komm, sag es allen weiter, ruf es in jedes Haus hinein!

Komm, sag es allen weiter: Gott selber lädt uns ein.

 

1) Sein Haus hat offne Türen, er ruft uns in Geduld,

will alle zu sich führen, auch die mit Not und Schuld. 

 

2) Wir haben sein Versprechen: Er nimmt sich für uns Zeit,

wird selbst das Brot uns brechen, kommt, alles ist bereit.

 

3) Zu jedem will er kommen, der Herr in Brot und Wein.

Und wer ihn aufgenommen, wird selber Bote sein.

 

 

Predigt (Predigttext 2. Mose 12, 1-14)

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da war und der da ist und der da kommt. Amen.

 

Liebe Gemeinde!

Wie oft sitzen wir mit anderen zusammen am Tisch, essen und trinken. Meistens geschieht das sehr flüchtig, ohne dass man einander noch wahrnimmt. Oft weiß man: „Gleich hast du einen wichtigen Termin“ oder „Dieses oder jenes muss noch schnell erledigt werden!“ Vor allem vor den Feiertagen ist die Hektik meist besonders groß.

            Es gibt allerdings auch Mahlzeiten, die sind mehr als Essen und Trinken. Da werden Worte gesagt, die vielleicht große Bedeutung für die Zukunft haben. Oder es werden Dinge erinnert, die geschehen sind. Oder es wird geplant, was in Zukunft geschehen soll. Manchmal ist es leichter, beim Essen und Trinken zusammen zu kommen. Und manchen Aufbruch sollte man auch nicht mit leerem Magen riskieren.

            Unser heutiger Predigttext aus dem 12. Kapitel des zweiten Buch Mose beschreibt so eine wichtige Tischgemeinschaft. Es ist die Geschichte vom Passahmahl, das das Volk der Israeliten zu sich nahm, bevor es aus der ägyptischen Gefangenschaft in die Freiheit zog:

            „Der Herr sprach zu Mose und Aaron in Ägyptenland: Sagt der ganzen Gemeinde Israel: Am zehnten Tage dieses Monats nehme jeder Hausvater ein Lamm, je ein Lamm für ein Haus. Wenn aber in einem Haus für ein Lamm zu wenige sind, so nehme er´s mit seinem Nachbarn, der seinem Haus am nächsten wohnt, bis es so viele sind, dass sie da Lamm aufessen können. Ihr sollt es verwahren bis zum vierzehnten Tag des Monats. Da soll es die ganze Gemeinde Israel schlachten gegen Abend. Und sie sollen von seinem Blut nehmen und beide Pfosten an der Tür und die obere Schwelle damit bestreichen an den Häusern, in denen sie es essen. So sollt ihr es aber essen: Um eure Lenden sollt ihr gegürtet sein und eure Schuhe an den Füßen haben 8und den Stab in der Hand und sollt es essen als die, hinwegeilen; es ist des Herrn Passah. Denn ich will in derselben Nacht durch Ägyptenland gehen und alle Erstgeburt schlagen in Ägyptenland unter Mensch und Vieh und will Strafgericht halten über alle Götter der Ägypter, ich, der Herr. Dann aber soll das Blut euer Zeichen sein an den Häusern, in denen ihr seid. Wo ich das Blut sehe, will ich an euch vorübergehen, und die Plage soll euch nicht widerfahren, die das Verderben bringt, wenn ich Ägyptenland schlage. Ihr sollt diesen Tag als Gedenktag haben und sollt ihn feiern als ein Fest für den Herrn, ihr und all eure Nachkommen, als ewige Ordnung.“

            Sie werden das Passahlamm nicht ohne ein Rumoren in der Magengegend gegessen haben, die Israeliten. Aufbruchsbereit sollten sie sein, Reiseschuhe an den Füßen und den Wanderstab in der Hand. Und während sie essen, geht draußen bei den Ägyptern der Gotteszorn um und schlägt die Erstgeburt von Mensch und Vieh. Allein das Blut an den Türpfosten schützt vor dem Verhängnis. Ein düsteres Mahl, das die Israeliten da einnehmen. Ein Bild aus einer fremden Welt, voller Regeln, die heute für uns unvorstellbar sind.

            Wie vertraut wirkt dagegen das Abendmahl, das wir auch heute wieder feiern. Ohne Blut, das vergossen wird. Ohne den drohenden Gotteszorn. Ohne die Hektik des Aufbruchs. Kurz: Mit dem angemessenen gottesdienstlichen Rahmen, in Ruhe und Würde.

            Dabei ist der Hintergrund unseres Abendmahles nicht weniger aufregend. Der Schrecken des nahen Todes zeichnet Jesus, als er am Vorabend des jüdischen Passahfestes zum letzten Mal mit seinen Jüngern zu Tisch sitzt. Am Vorabend jenes Festes, das an den Auszug aus Ägypten erinnert. Nie wieder werden sie so zusammenkommen. Ihr Leben wird sich in kurzer Zeit entscheidend ändern. Ein Verräter geht um. Er hat bereits seine finsteren Pläne geschmiedet und seine Helfershelfer mit den nötigen Informationen versorgt, bevor er sich mit Jesus an den Tisch setzt.

            Jesus aber reicht den Tischgenossen Brot und Wein mit den Worten: „Dies ist mein Leib ... dies ist mein Blut ...“ Kein Passahlamm wird geopfert, keine Erstgeburt getötet. Einer allein wird sterben, einer für alle.

            In einer friedlosen Zeit geht er den Weg zum Kreuz. So bitter das ist: Es scheint so, als brauche die Welt ihre Opfer, um leben zu können ...

            Die Jünger Jesu werden später das Erlebnis dieser letzten Tischgemeinschaft in die Welt weitertragen, damit zur Erinnerung regelmäßig das Mahl des Herrn gefeiert wird. So wie die jüdische Gemeinde bis zum heutigen Tag einmal im Jahr das Passahlamm isst. Zukunft, wenn sie wirklich neugestaltet werden soll, braucht die Erinnerung.

Auch Gottes Zukunft mit uns braucht die Erinnerung. Immer aufs Neue sollen wir uns daran erinnern, dass Gott in unserem Leben gegenwärtig ist. Denn ohne diese Erinnerung findet unser Glaube keine neue Nahrung. Die Erfahrung, dass Gott mit uns geht, die machen wir ja nicht jeden Tag so deutlich, dass wir uns daran festhalten können. Manchmal haben wir das Gefühl, ganz auf uns allein gestellt zu sein. Dann ist es gut, dass wir uns bewusst daran erinnern können, dass Gott den Weg mit uns geht. Wir brauchen dazu Zeichen, die uns das Erinnern leichter machen.

Zeichen, wie es das Passahlamm für die Israeliten ist. Bei allem Schrecken, der damit in Ägypten verbunden war, war das Passah doch ein Zeichen der Verbundenheit Gottes mit seinem Volk. Gott hat sein Volk aus Ägypten befreit, daran erinnern sich die Juden beim Passah. Deshalb stellt das jüngste Kind Fragen, die die Erinnerung an das Handeln Gottes wachrufen sollen:

 „Warum essen wir in allen anderen Nächten gesäuertes oder ungesäuertes Brot, in dieser Nacht aber nur ungesäuertes? Warum essen wir in allen anderen Nächten alle Arten von Kräutern, in dieser Nacht aber nur Bitterkräuter? Warum dürfen wir in allen anderen Nächten aufrecht sitzen oder angelehnt, in dieser Nacht aber nur angelehnt?“

Darauf antwortet die ganze Familie im Chor: „Sklaven waren wir des Pharao in Ägypten, aber der Herr unser Gott rettete uns mit mächtiger Hand und mit ausgestrecktem Arm ...“

Dankbar erinnern sich die Juden an diese Befreiung aus Ägypten – durch das Zeichen des Passah. Und sie erinnern sich an die neuen Wege, auf denen Gott sie seit dem Auszug aus Ägypten geführt hat.

Jedes Abendmahl, das wir in der Kirche oder jetzt in der Zeit der Pandemie zuhause feiern, ist wie bei den Israeliten in der Passahgeschichte ein Stück Erinnerung und der Anfang eines Aufbruchs. Wir haben dann zwar nicht unsere Reisekleidung an und sitzen auf gepackten Koffern, aber wir werden nach diesem Essen und Trinken andere sein, als wir es jetzt noch sind.

Jesus lädt uns ein, unser Leben in Gottes Hand zu legen. Wir werden daran erinnert, wem wir gehören: nicht den Mächten der Welt, die uns in mancherlei Zwängen gefangen halten, sondern wir gehören dem, der uns hinausführen und befreien will.

Zu seinem Gedächtnis und für unsere Zukunft essen wir beim Abendmahl das Brot und trinken den Wein oder Saft. Wir vertrauen darauf, dass es uns stärkt für den Weg, der vor uns liegt. Den Weg mit ihm.          Amen.

 

 

            Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Karfreitag, 15.4.2022

Bibeltext der Woche: 2. Korintherbrief 5,19-21

Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit ihm selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.

So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!

Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.

 

Lied der Woche: 94, 1-4 Das Kreuz ist aufgerichtet

1) Das Kreuz ist aufgerichtet, der große Streit geschlichtet.

Dass er das Heil der Welt in diesem Zeichen gründe,

gibt sich für ihre Sünde der Schöpfer selber zum Entgelt.

2) Er wollte, dass die Erde zum Stern des Kreuzes werde,

und der am Kreuz verblich, der sollte wiederbringen,

die sonst verloren gingen, dafür gab er zum Opfer sich.

3) Er schonte den Verräter, ließ sich als Missetäter

verdammen vor Gericht, schwieg still zu allem Hohne,

nahm an die Dornenkrone, die Schläge in sein Angesicht.

4) So hat es Gott gefallen, so gibt er sich uns allen.

Das Ja erscheint im Nein, der Sieg im Unterliegen,

der Segen im Versiegen, die Liebe will verborgen sein.

5.) Wir sind nicht mehr die Knechte, der alten Todesmächte

und ihrer Tyrannei. Der Sohn, der es erduldet,

hat uns am Kreuz entschuldet. Auch wir sind Kinder und sind frei.

 

 

Predigt (Psalm 22)

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da war und der da ist und der da kommt. Amen.

 

Liebe Gemeinde!

Liebe Gemeinde!

            „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne.“

Zuerst hat man ihn ins Gesicht gespuckt. Dann hat man ihn geschlagen und blutig geprügelt. Mit blutigem und verquollenem Gesicht wurde er zum Statthalter geschleppt, und der ließ ihn ausziehen und auspeitschen. Wie einen Verbrecher. Die Soldaten machten so was sehr gründlich, sehr sorgfältig.

            Dann wurde er verurteilt und dem Spott der Soldaten ausgeliefert. Als König haben sie ihn verkleidet. Mit einem Stock als Zepter. Mit einer Krone aus Dornengestrüpp, die sie ihm auf den Kopf drückten. Die jämmerliche Karikatur eines Königs. Sie johlten und lachten. Sie nahmen ihm das Zepter aus der Hand und droschen damit auf seinen Kopf, immer auf die Dornen.

            Und dann haben sie ihm das Kreuz aufgeladen. Was für ein Sadismus. Das Folterinstrument musste er selbst zum Richtplatz tragen. Von den Misshandlungen war er so geschwächt, dass er es nicht mehr tragen konnte. Aber das war ja kein Problem. Man nahm einfach einen Passanten mit, der es für ihn tragen musste.

            Seine Kreuzigung war Routine für die Soldaten. Sie hatten Übung darin und ihren Spaß daran, die Verurteilten dabei zu quälen. Ans Kreuz nageln und anschließend aufrichten.

            Und dann hing Jesus in der Luft. Er hing nackt. Die Soldaten spielten um seine Kleider. Und alle gafften. Männer, Frauen, Kindern. Seine Wunden und seine zerfetzte Haut brannten wie Feuer. Jeder Windhauch, jede kleine Bewegung tat unerträglich weh an den Händen, an den Füßen. Furchtbarer Durst. Rasende Kopfschmerzen. Atemnot. Er bekam keine Luft. Instinktiv versuchte er sich aufzurichten, um nach Luft zu schnappen. Immer wieder. Eine entsetzliche Quälerei. Die Passion des Jesus von Nazareth.
            Da hing er nun - elend und geschunden, wie ein Mensch eben aussieht, an dem sich Hass und Grausamkeit ausgetobt haben.
            Eigentlich ist nichts Besonderes passiert damals. Hinrichtungen gab es bei den Römern ständig. Nach dem Spartakusaufstand standen in Rom an der Via Appia 6000 Kreuze, an denen besiegte Sklaven angenagelt waren.

            Und auch für Pontius Pilatus, dem römischen Stadthalter, war es etwas Alltägliches, irgendeinen armen Schlucker ans Kreuz zu schicken. Hunderte. Tausende. Kreuzigung. Die damals grausamste und sadistischste Art, einen Menschen ganz langsam umzubringen.
            Und doch war etwas anders. So anders, dass wir uns noch heute im Zeichen des Kreuzes versammeln. Das Besondere war der Mensch, der da zu Tode gequält worden ist.

            Nicht ein normaler Mensch, sondern ein Mensch, der - anders als wir – niemals etwas Böses getan oder gedacht hat.

            Nicht ein normaler Mensch, sondern der Sohn Gottes.

            Einer, der grenzenlos und bedingungslos gütig ist.

            Einer, der uns vorlebt, wie wir Menschen eigentlich leben sollen.

            Einer, der darum unseren inneren Frieden gefährdet.

            Einer, der sich nicht gegen die Ungerechtigkeit ihm gegenüber wehrt.

            Einer, der nicht gegen sein Todesurteil protestiert.

            Einer, der keinen Hass auf die hat, die ihn aufs Kreuz legen.

            Einer, der seine Peiniger nicht verflucht.

            Er sagt von ihnen, dass sie nicht wissen, was sie tun. Er denkt bis zum Ende nicht an sich selbst, sondern an die Menschen, die ihn festnageln. Er fragt bis zum Schluss nicht: Was wird aus mir? Sondern er fragt: Was wird aus ihnen? Er ruft: Vater, vergib ihnen. Er hat Hoffnung für die Menschen, die ihn aus ihrem Leben vertreiben. Er hat Hoffnung für seine Gegner, für seine Todfeinde.
            Er ist kein normaler Mensch. Er ist der einzige Mensch, der immer ganz eng mit Gott verbunden war. So, wie wir es nur in ganz wenigen Momenten unseres Lebens sind. Sonst wenden wir Gott immer wieder den Rücken zu, weil wir uns anderen Dingen zuwenden. Und weil es uns sonst auch lieber ist, wenn Gott nicht so genau sieht, was wir so machen. Weil wir meistens Gott lieber los sind.

            Wenn wir ehrlich sind: Gott stört oft. Immer will er etwas von uns. Nie ist er zufrieden mit uns. Immer zieht er uns den Wecker des Gewissens auf. Das ist lästig. Besser ist, wenn er weit weg ist. Außer im Notfall. Meinen wir. Denn wir kennen Gott gar nicht.

            Jedenfalls nicht so, wie Jesus Gott kennt. Seinen Vater. Voller Liebe. Voller Phantasie. Voller Verständnis. Voller Mitgefühl. Voller Kraft. Voller Lebendigkeit. Voller Wärme. Jesus kennt seinen Vater und er liebt ihn und er ist immer in seiner Nähe.

            
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne.“
            Jesus ist immer in Gottes Nähe. Außer am Kreuz. Denn am Kreuz, so sagt es die Bibel, so weissagen es die Propheten, so erklären es die Apostel, am Kreuz nimmt Jesus, der schuldlose Jesus, der Gottessohn Jesus, die Schuld der ganzen Welt auf sich. Die Todverfallenheit der ganzen Welt nimmt er auf sich. Das Böse der ganzen Welt nimmt er auf sich. Die unvermeidlichen Folgen auch unseres ganzen Tuns und Lassens.

            Der Tod ist der Sünde Sold, schreibt Paulus. Das bedeutet doch: Wer sich von Gott abwendet, wer in seinem Leben Gott los sein will, der entfernt sich damit von der Quelle des Lebens. Der wird verdursten. Der wird verhungern. Der wird dem Tod verfallen in seiner Gottlosigkeit.

            Wir Menschen aber drehen hier gern den Spieß herum. Wir geben Gott die Schuld und jammern und klagen, dass Gott uns im Stich lässt. So sind wir Menschen. Und da ist Jesus ganz Mensch, ganz unser Bruder. Auch er kann das am Kreuz nicht mehr aushalten. Die Last der Schuld der ganzen Welt. Aller Menschen. Auch die von mir und von dir.

            Er fühlt sich so verlassen. So von Gott verlassen. Und er klagt seinen Vater an: Eli, Eli, lama sabachtani. Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen.

            Aber Gott hat ihn nicht verlassen. Sondern Jesus hat Gott verlassen. Hat Gott mit uns, für uns, stellvertretend für uns verlassen. Geht an unserer Stelle dahin, wohin uns unser Weg eigentlich führt. Weit weg von Gott. Dahin, wo Gott nicht hineinkommen kann. Dahin, wo es keinen Gott mehr gibt. Dahin, wo man Gott nicht einmal mehr von weitem sieht.

            Hinein in den Tod.

            Hinein in die Hölle.

            Hinein in die Dunkelheit.

            Hinein in die Hoffnungslosigkeit.

            An unserer Stelle.

            An meiner Stelle. Damit ich sagen kann: Ich muss nicht hinein in das Reich des Todes. Denn ich habe schon meinen Stellvertreter hingeschickt. Er ist hinab gestiegen in das Reich des Todes. Er ist an meiner Stelle dorthin gegangen. Er nimmt dort meinen Platz ein. Und darum ist dort für mich kein Platz mehr. Darum habe ich dort einmal nichts zu suchen.
            Gott sei Dank.           Amen.

 

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschlichen Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

 

Ostern 2022

Bibeltext der Woche: Markus 16, 1-8

Als der Sabbat vergangen war, kauften Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und den Leichnam Jesu zu salben. Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging. Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß.

Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich. Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten. Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat. Und sie gingen hinaus und flohen vor dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas, denn sie fürchteten sich.

 

Lied der Woche: EG 99 Christ ist erstanden 

Christ ist erstanden von der Marter alle; des solln wir alle froh sein Christ will unser Trost sein. Kyrieleis

Wär er nicht erstanden, so wäre die Welt vergangen; seit dass er erstanden ist, so loben wir den Vater Jesu Christ. Kyrieleis.

Halleluja, Halleluja, Halleluja!

Des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.

 

Predigt (1. Korinther 15, 19-28)

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da war und der da ist und der da kommt. Amen.

 

Liebe Gemeinde!

Ostern - wer freut sich da nicht! Wir freuen uns darüber, dass nun wohl doch der Frühling Einzug halten will. Wir sehen, dass in der Natur so das Leben über den Tod - den Winter - siegt und freuen uns. Wir freuen uns über das Fest und alles in uns ist heute auf „Leben“ gestimmt. Deshalb singen wir „Christ ist erstanden“. Und wir glauben, hoffen oder wünschen, dass dies auch für uns zutrifft, dass das Leben siegt.

Doch unsere Erfahrungen sprechen dagegen. Der Tod ist nicht endgültig besiegt, im Gegenteil! Um uns herum werden wir ständig mit ihm konfron­tiert. Wir sind nicht davor geschützt, zu Tode betrübt zu werden. Wir erfahren - gerade durch den Krieg in der Ukraine mit den schrecklichen Verbrechen, die dort begangen werden -, dass die Macht des Todes ungebrochen ist, dass die Lust an der Vernichtung von Menschen schlimme Blüten treibt, dass der Tod unsere guten Absichten und Pläne zunichtemacht, dass unser Leben der Vergeblichkeit zu verfallen droht.

Mit den negativen Gefühlen, die uns angesichts der Präsenz des Todes zu befallen drohen, stehen wir nicht al­lein da. Auch zur Zeit des Paulus gab es besonders in Korinth Christen, die mit dem Tod und der Welt des Todes nichts mehr zu tun haben wollten. Sie sagten: Christus ist von den Toten auferstanden, und wir sind mit ihm auferstanden; was kümmert uns da noch die Welt und der Tod, der in ihr allgegenwärtig ist?

Paulus setzt sich mit dieser weltabgewandten Anschauung im heutigen Predigttext aus dem 1. Korintherbrief folgendermaßen auseinander:

„Hoffen wir allein in diesem Le­ben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind. Denn da durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. Denn wie sie in Adam sterben, so werden sie in Christus alle lebendig gemacht. Ein jeder aber in seiner Ordnung: als Erstling Christus; danach, wenn er kommen wird, die, die Christus angehö­ren; danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater übergeben wird, nachdem er alle Herrschaft und alle Macht und Gewalt vernichtet hat. Denn er muss herrschen, bis Gott ihm alle Feinde unter seine Füße legt. Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod. Denn alles hat er unter seine Füße getan. Wenn es aber heißt, allessei ihm unterworfen, so ist of­fenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott sei alles in allem.“

Paulus wendet sich hier an dieje­nigen der Korinther, die den Tod für tot erklärt haben. In ihrem Verständ­nis wird er sie nicht treffen. Denn sie haben ihr Leben ganz auf die Reli­gion ausgerichtet. Sie sehen sich in der direkten Nachfolge Jesu. Die Kunst der Askese, des Verzichtes haben sie sehr weit entwickelt, sie sind dadurch unabhängig von den irdischen Verhält­nissen geworden und schauen auf die herab, die von Ängsten und Sorgen gequält werden.

Diesen Menschen nun hält Paulus entgegen: Christus ist auferstanden von den Toten, aber vorläufig ist er der einzige Auferstandene. Und auch wenn ihr Korinther es versucht, euch betrifft der Tod sehr wohl noch.

Seht ihr denn nicht, wie alles Lebendige das Siegel des Todes trägt, wie Leid, Geschrei und Schmerzen die Harmonie der Welt stören? Nehmt ihr die Macht der Sünde denn nicht wahr: Die Ausbeutung, die Schinderei der Armen, die planende Bosheit, die einflussreiche Dummheit, die überall wir­kende Lust an der Zerstörung, den Irr­tum und die Selbstsucht? Kümmert es euch nicht, in welch schlechtem Zu­stand die Welt ist?

Nein, das kümmert euch nicht, ihr lebt weiter in eurer Askese und eurer Weltabgewandtheit! Aber das ist zu wenig, sagt Paulus, ihr wollt nur euch retten, gleichgültig, was sonst mit der Welt geschieht. Ihr seid die elen­desten unter allen Menschen, weil ihr nur euch selbst im Blick habt und den anderen die Hoffnung verweigert, auf die ihr euch beruft. Dadurch aber ver­ratet ihr den Glauben an Gott, der - so wie er Christus vom Tode auferweckt hat - alle auferwecken will, und nicht nur jene, die Christus angehören!

Paulus beschreibt den Korinthern einen Ablauf, der uns Menschen, die wir im Heute leben, doch sehr fremd anmutet: Christus, der „Erstling der Schöpfung“, wird durch seine Wieder­kehr alle lebendig machen, die wie er menschlich sind, die also ihm angehö­ren. Er wird danach alle gegen Gott gerichteten Mächte entmachten und am Ende auch den Tod vernichten. Wenn so das Ende der Weltgeschichte gekommen ist, dann wird Christus selbst „Gott untertan“ sein, damit er, Gott, „sei alles in allem“. Dann, und erst dann, gehört die Welt mit allem, was in ihr ist, Gott und niemandem sonst.

Wer sich aber - so wie einige Korinther - aus dieser Welt, aus der Zeit, die ihr gegeben ist, zurück­zieht, der überlässt die Welt einfach dem Schicksal, der überlässt sie dem Tod, anstatt in ihr, im Angesicht des Todes, Zeichen des Lebens zu setzen.

Das ist die wichtige Frage, die Paulus den Korinthern - und uns allen - stellt:  Soll die Welt zum Leben oder zum Tod bestimmt sein, soll sie „Stadt Gottes“ oder ein Tal voll Jam­mer, Hunger und Gewalt sein?

Wem es nichts ausmacht, dass sie das zweite ist, der kann sich aus ihr zurückziehen, der kann der Welt und den anderen Menschen den Rücken kehren und sich nur um seine Rettung vor dem Tod Gedanken machen, so wie Paulus es den allzu schwärmerischen Korinthern vorwirft.

Wer aber daran festhält, dass die Welt „Stadt Gottes“ sein soll oder durch uns Menschen werden kann, dem bleibt nur, in dem Stück Welt, von dem er selbst ein Teil ist, gegen den Tod zu leben, also durch sein Leben nach­zuvollziehen, dass Jesus von den Toten auferstanden ist.

Das erscheint im ersten Moment schwierig, das erscheint eine große Sache zu sein, der wir uns eigentlich nicht gewachsen fühlen. Und doch können wir mit unseren kleinen Möglichkeiten etwas dafür tun, um Zeichen des Lebens angesichts des Todes zu setzen. So wie in dem folgenden Beispiel:

Zwei alte Frauen, Freundinnen seit Jahrzehnten, leben seit fünfzehn Jahren Tür an Tür in zwei Zimmern ei­nes Altenheimes. Sie sind füreinander Schwestern, Vertraute, Helferinnen; manchmal wird die eine zur Mutter, die andere zum Kind. Und dann wacht in einer Nacht die eine mit heftigen Schmerzen auf, ruft einen Arzt, der einen Schlaganfall vermutet.

Im Krankenhaus bestätigt sich dieser Verdacht. Es ist nicht so sehr die Nähe zum Tod, die die beinahe 80jährige Frau sehr in Anspruch nimmt. Auch die Angst, wie es nun, bei ein­geschränkter Bewegungsfreiheit, für sie weitergehen kann, macht sie nicht so verzagt. Nein: sie sehnt sich nach ihrer Freundin, die sie jetzt, gerade jetzt, sehen, anfassen, in die Arme nehmen möchte. Und gerade dies kann sie niemandem mitteilen. Denn sie hat nicht einmal ein Telefon an ihrem Krankenbett.

Aber am dritten Tag erscheint sie, die fast 90jährige. Sitzend in einem Rollstuhl, herangeschoben von einem jungen Mann, der den beiden al­ten Damen im Heim die Betten macht und ihnen das Essen bringt. An seinem freien Nachmittag hat er die alte Frau angezogen, sie mitsamt ihrem Rollstuhl in seinem Auto zum Krankenhaus gefah­ren, und so standen die beiden dann mit einmal vor dem Bett der Kranken.

Liebe Gemeinde, eine kleine Be­gebenheit ist dies, eine menschliche Geste in einer Welt voller Sorge und Freudlosigkeit wird beschrieben. Aber wenn es Geschichten wie diese nicht gäbe, dann wäre der Tod in unserer Welt viel gegenwärtiger, als er es ohnehin schon ist. Durch Geschichten wie diese können wir verstehen, was Leben heißt. Durch Geschichten wie diese kommt die Freude in unsere Welt, denn durch sie erkennen wir, wie es sein wird, wenn „Gott alles in allem“ ist.                              Amen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

 

Predigt Gründonnerstag - 14.4.2022
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Predigt Karfreitag - 15.4.2022
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Predigt Ostern 2022
Ostern 2022[28].pdf
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